Neue Untersuchung belegt, dass Tabakkonzerne in den USA und weltweit Zigaretten auf Social Media vermarkten
Gesundheitsorganisationen fordern Federal Trade Commission der Vereinigten Staaten auf, die Unternehmen auf unterlassene Offenlegung von bezahlter Werbung zu überprüfen
WASHINGTON, 27. August 2018 /PRNewswire/ -- Tabakkonzerne betreiben heimlich Werbung auf Social Media-Plattformen wie Instagram, Facebook und Twitter, indem sie Social Media Influencer - junge Meinungsmacher mit großer Online-Anhängerschaft – dafür bezahlen, Fotos zu posten, die Zigaretten und das Rauchen attraktiv erscheinen lassen. Diese Marketingstrategie konnte in mehr als 40 Ländern dokumentiert werden. Die Ergebnisse einer zweijährigen Untersuchung durch die Campaign for Tobacco-Free Kids und Netnografica LLC, ein in den USA ansässiges, auf Online-Research spezialisiertes Konsumforschungs- und Beratungsunternehmen, wurden heute online veröffentlicht und in einer Petition an die US-Federal Trade Commission (FTC) von neun führenden Gruppen aus den Bereichen öffentliche Gesundheit und Medizin ausführlich dargelegt.
Die Studie dokumentiert mehr als 100 Social-Media-Kampagnen der multinationalen Tabakgiganten Philip Morris International, British American Tobacco, Japan Tobacco International und Imperial Brands. Netnografica interviewte junge Social Media-Influencer, die angaben, dafür bezahlt zu werden, Zigaretten online bei Millionen von Anhängern zu bewerben - allerding ohne dabei zu verraten, dass sie Geld für diese Form der Werbung erhalten (den Befragten wurde Anonymität gewährt, um an der Untersuchung teilzunehmen).
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Untersuchung gehören:
- Tabakunternehmen suchen gezielt junge Leute, die eine große Anzahl von Anhängern online haben, und bezahlen sie dafür, Fotos mit Marlboro, Lucky Strike und anderen Zigarettenmarken zu posten. Die Social Media-Influencer werden trainiert, welche Marken konkret zu fördern sind, wann sie die Bilder für eine maximale Außenwirkung live einstellen, und wie sie „natürliche Fotos" machen, die nicht wie inszenierte Werbung aussehen. In Italien sollten Influencer, die Lucky Strike-Zigaretten gegen Geld promoten, sogar dafür sorgen, dass die Gesundheitswarnungen auf den Zigarettenschachteln auf online geposteten Fotos nicht sichtbar sind.
- Tabakkonzerne organisieren Partys und Wettbewerbe mit Marken-Sponsoring und ermutigen die Teilnehmer, diese Zigarettenmarken über ihre Social Media-Accounts zu posten.
- Influencer werden angewiesen, spezielle Hashtags für Zigaretten in ihre Social Media-Posts einzufügen. Dass die von den Social Media-Influencern verwendeten Hashtags größtenteils in Englisch gehalten sind, zeigt, dass Tabakkonzerne ein globales Publikum ansprechen, zu dem auch amerikanische Jugendliche gehören.
- Zusammengenommen haben diese unlauteren Social-Media-Kampagnen für Tabakprodukte weltweit mehr als 25 Milliarden Views erbracht - davon 8,8 Milliarden in den USA, wie eine im Rahmen dieser Untersuchung in Auftrag gegebene Social Media-Analyse ergab.
Diese Ergebnisse werden ebenfalls in einer Story der The New York Times ausführlich behandelt.
Die Federal Trade Commission (FTC) reguliert das Influencer-Marketing in den USA und setzt die „Truth-in-Advertising"-Standards durch. Diese verlangen von den Einflussnehmern, dass sie ihre Geschäftsbeziehungen zu den Werbetreibenden klar offenlegen, wenn sie Marken in sozialen Medien bewerben oder unterstützen. Keines der in dieser Untersuchung dokumentierten Fotos war mit derartigen Angaben versehen, obwohl umfangreiche Beweise dafür vorliegen, dass viele Einflussnehmer dafür bezahlt oder anderweitig motiviert wurden, bestimmte Zigarettenmarken gezielt zu bewerben.
Die FTC wird mit der heute vorgelegten Petition aufgefordert, eine Anordnung zu erlassen, die Tabakunternehmen dazu verpflichtet, offenzulegen, dass ihre Social-Media-Kampagnen tatsächlich bezahlte Werbung für Tabakprodukte sind, und diese inhaltlich eindeutig mit #Sponsored, #Promotion oder #Ad zu kennzeichnen. Eingereicht wurde die Petition von der Campaign for Tobacco-Free Kids, American Academy of Family Physicians, American Academy of Pediatrics, American Cancer Society Cancer Action Network, American Heart Association, American Lung Association, der International Union Against Tuberculosis and Lung Disease, Truth Initiative und Vital Strategies.
Die Social-Media-Kampagnen konnten unter anderem in Ländern wie Brasilien und Uruguay dokumentiert werden, die Tabakwerbung im Internet verbieten. Derartige Kampagnen umgehen bzw. verletzen die Richtlinien von Social Media-Unternehmen wie Facebook und Instagram, die keine bezahlte Werbung für Tabakprodukte auf ihren Plattformen zulassen.
„Die Tabakkonzerne proklamieren gerne, dass sie keine Kinder ins Visier nehmen, aber diese Studie zeigt, dass sie genau das Gegenteil tun – und zwar mit einer Raffinesse, die eine neue Generation nikotinabhängig zu machen droht und die bei der Eindämmung des Rauchens weltweit gemachten Fortschritte ausbremst", erklärt Matthew L. Myers, President der Campaign for Tobacco-Free Kids.
Die Untersuchung zeigt zudem auf, dass alle vier großen Tabakkonzerne auch gegen ihre eigenen internen Marketingstandards verstoßen. Diese Standards besagen, dass die Unternehmen kein virales Marketing (British American Tobacco, Imperial Brands) oder verdecktes Marketing betreiben werden, bei dem nicht ausdrücklich klar ist, dass Zigaretten beworben werden (British American Tobacco), bei ihrer Online-Werbung zwingend eine Altersüberprüfung einbauen (Japan Tobacco International), und sich für „ehrliche und korrekte Vermarktung" einsetzen (Philip Morris International).
„Wir sehen hier klar belegt ein hochmodernes Social Media-Marketing mit großem Budget, das populäre Themen und Trends aus der Jugendkultur aufgreift", sagt Robert Kozinets, President von Netnografica LLC, und Lehrstuhlinhaber an sowohl der School for Communication als auch der Business School der University of Southern California.
Der Untersuchung zufolge zielen die Social-Media-Marketingkampagnen häufig auf Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen ab, die unverhältnismäßig hoch durch tabakbedingte Todesfälle und Krankheiten belastet sind. Der Konsum von Tabakprodukten kostet derzeit weltweit jährlich mehr als 7 Millionen Menschen das Leben und wird in diesem Jahrhundert voraussichtlich eine Milliarde Menschenleben fordern – wenn die Regierungen keine Maßnahmen ergreifen, um dies zu verhindern.
Weitere Informationen und Fotos zum Download finden Sie unter: http://wheretheressmoke.social/resources
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