Höchste Dringlichkeitsstufe im Kampf gegen Polio ausgerufen
- Zahl der Neuinfektionen auf historischem Tiefstand, Finanzierungslücken gefährden aber den Fortschritt
GENF, 24. Mai 2012 /PRNewswire/ -- Trotz des massiven Einbruchs der gemeldeten Poliofälle im vergangenen Jahr hat das anhaltende Übertragungsrisiko aufgrund lückenhafter Finanzierungs- und Impfmaßnahmen die Global Polio Eradication Initiative (GPEI) zur Umsetzung eines Notfallplans veranlasst.
Der Plan sieht vor, den Impfschutz in den drei verbleibenden polio-endemischen Ländern Nigeria, Pakistan und Afghanistan umfassend auszudehnen, um der Übertragung von Polio so endgültig Einhalt zu gebieten. Zeitgleich fanden sich Gesundheitsminister in dieser Woche auf der Weltgesundheitsversammlung (WHA) ein. Um die Dringlichkeit der gegenwärtigen Situation zu verdeutlichen, wird derzeit in Betracht gezogen, „den Erfolg im Kampf gegen Polio zu einer dringenden Kernaufgabe der globalen Gesundheitssysteme" zu machen.
Die Bemühungen zur Poliobekämpfung haben zwischen 2010 und 2012 zu mehreren historischen Erfolgen geführt. Indien, das im Hinblick auf die Poliobekämpfung lange Zeit als Land mit den größten Schwierigkeiten galt, wurde im Februar 2012 von der Liste der polio-endemischen Länder gestrichen. Krankheitsausbrüche in bisher nicht von Polio betroffenen Ländern konnten nahezu komplett gestoppt werden.
Obwohl die Zahl der gemeldeten Poliofälle in den ersten vier Monaten dieses Jahres niedriger ausfiel, als in allen anderen Jahren zuvor, werden aus Nigeria, Pakistan, Afghanistan und dem Tschad immer noch Fälle gemeldet. Die in jüngsten Jahren bekannt gewordenen Ausbrüche der Krankheit in China und Westafrika, welche auf die Einfuhr des Erregers aus Pakistan bzw. Nigeria zurückzuführen waren, zeigen deutlich, wie groß die Gefahr eines erneuten Wiederauflebens der Krankheit tatsächlich ist. Die Krankheit nicht erfolgreich zu bekämpfen könnte mehreren Schätzungen zufolge dazu führen, dass innerhalb eines Jahrzehnts wieder 200.000 Kinder jährlich an Kinderlähmung erkranken werden.
„Die Ausrottung von Polio steht derzeit am Scheideweg zwischen Erfolg und Misserfolg", so Dr. Margaret Chan, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation. „Wir haben die höchste Dringlichkeitsstufe ausgerufen, um schneller und besser arbeiten und uns insbesondere auf Gebiete konzentrieren zu können, wo Kinder am meisten gefährdet sind. Das kann für den Erfolg letztlich ausschlaggebend sein."
Bis zum Jahr 2035 würde die weltweite Ausrottung von Polio im Erfolgsfall einen Nettovorteil von 40-50 Milliarden USD einbringen. Auf Grundlage der Investitionen, die seit der Gründung der Global Polio Eradication Initiative (GPEI) getätigt wurden, würde der Großteil der Einsparungen in den ärmsten Ländern erzielt. Hinzu kämen zusätzliche Einsparungen aus reduzierten Behandlungskosten und erhöhter Produktivität.
„Wir wissen, dass Polio erfolgreich bekämpft werden kann. Unser Erfolg in Indien bestätigt das", so Kalyan Banerjee, Präsident der globalen humanitären Hilfsorganisation Rotary International. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nur eine Frage des politischen und gesellschaftlichen Willens. Wollen wir zukünftigen Generationen eine Welt ohne Polio bieten, oder lassen wir es zu, dass die 55 gemeldeten Fälle in diesem Jahr auf lange Sicht wieder dazu führen, dass der Krankheit 200.000 Kinder jährlich zum Opfer fallen und ihr Leben lang gelähmt sein werden?"
Lückenlose Finanzierung des neuen Plans erfolgsentscheidend
Die Mittelknappheit hat die GPEI bereits dazu gezwungen, wichtige Impfprogramme in 24 hochgefährdeten Ländern zurückzufahren oder gänzlich einzustellen. Folglich kann wieder eine größere Zahl Kinder der Krankheit zum Opfer fallen, und in poliofreien Ländern steigt das Risiko eines erneuten Ausbruchs der Krankheit.
„All unsere Bemühungen sind in Gefahr, solange nicht alle Kinder vollständig gegen Polio geimpft wurden. Dies bedeutet in der Praxis, dass die globalen Bemühungen im Kampf gegen Polio lückenlos finanziert werden müssen. Nur so können wir auch jene Kinder schützen, die wir bisher nicht erreichen konnten", so Anthony Lake, Exekutivdirektor der UNICEF. „Wir haben im Kampf gegen diese grausame Krankheit schon so viel erreicht. Wir können hier und jetzt Geschichte schreiben – oder wegen unseres Versagens für immer verurteilt werden und auf diesem Weg in die Geschichtsbücher eingehen."
Der vollständigen Umsetzung des Notfallplans (EAP) bis 2013 steht derzeit eine erhebliche Finanzierungslücke von fast 1 Milliarde USD im Weg.
„Wir alle sind dafür verantwortlich, eine poliofreie Welt zu schaffen, solange es noch möglich ist", so Chris Elias, Präsident für globale Entwicklung der Bill & Melinda Gates Foundation. „Die Erreichung dieses Ziels ist ein entscheidender Schritt, um zukünftig alle Kinder vor Krankheiten zu schützen, denen mithilfe von Impfungen vorgebeugt werden kann."
Der globale Notfallplan
Der globale Notfallplan beruht im Kern auf den neuen nationalen Notfallplänen für Einzelländer. Außerdem baut er auf den Erfolgen in Indien auf und enthält eine Reihe neuer Strategien und Initiativen, um die Bemühungen zur Ausmerzung der Krankheit zukünftig besser zu unterstützen. Hierzu zählen:
- Verstärkte Konzentration auf die leistungsschwächsten Gebiete in Nigeria, Pakistan und Afghanistan, um den Impfschutz bis zum Ende des Jahres 2012 auf ein Niveau zu bringen, das die Krankheitsübertragung effektiv stoppt;
- Neue, passgenaue Ansätze für jedes Einzelland, um bestehende Herausforderungen zu überwinden und den Wirkungsgrad der Polio-Impfkampagne umfassend zu verbessern;
- Erhöhte Verantwortlichkeit, Koordination und Kontrolle auf jeder einzelnen Regierungsebene sowie bei jeder Partneragentur und -organisation, um den Gesamterfolg sicherstellen zu können.
- Zunehmende Inanspruchnahme technischer Hilfsmittel und gezielte Wahrnehmung von Möglichkeiten zur Mobilisierung der Gesellschaft.
Höchste Dringlichkeitsstufe ausgerufen
„Damit wir unser Ziel erreichen und Polio erfolgreich bekämpfen können, sind wir auf das persönliche Engagement und die umfassende Mitwirkung jedes Einzelnen angewiesen", so Dr. Thomas Frieden, Leiter der US-Gesundheitsbehörde (CDC). „Es wird nicht einfach, aber gemeinsam können wir Polio ein für alle Mal auslöschen."
Die GPEI ist im Rahmen ihrer Tätigkeiten bereits Anfang des Jahres zur höchsten Dringlichkeitsstufe übergegangen. Außerdem hat die CDC ihre Notfalleinsatzzentrale in Alarmbereitschaft versetzt, die UNICEF hat ihr bereichsübergreifendes, dem stellvertretenden Exekutivdirektor direkt unterstelltes Komitee zur Notfallkoordination offiziell auf den Plan gerufen und die WHO hat alle Bemühungen zum Kampf gegen Polio an ihr strategisches Gesundheitsoperationszentrum (SHOC) übertragen. Derartige Maßnahmen sind globalen Gesundheitskrisen wie der H1N1-Pandemie oder dem Tsunami in Südostasien 2004 vorbehalten. Im konkreten Fall werden sie zu einer massiven Erhöhung der technischen Kapazität führen und neben der Echtzeitmessung der Programmwirksamkeit im Bedarfsfall auch die Umsetzung korrektiver Aktionspläne ermöglichen. Auch das Kuratorium der Rotary Foundation hat in diesem Jahr bekräftigt, dass die Ausrottung von Polio innerhalb der Organisation höchste Priorität genießt. Darüber hinaus haben Entscheidungsträger von Rotary bereits damit begonnen, eine Reihe persönlicher Treffen mit den Staatsoberhäuptern der polio-endemischen Länder einzuberufen.
Hinweise für Redakteure:
An der Spitze der Global Polio Eradication Initiative (GPEI) stehen Landesregierungen, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Rotary International, die US-Gesundheitsbehörde (CDC) und UNICEF. Zu den wichtigsten Partnern der Initiative zählt die Bill & Melinda Gates Foundation.
Seit 1988 (dem Gründungsjahr von GPEI) konnte die Polio-Inzidenz um mehr als 99 % gesenkt werden. Mehr als 350.000 Kinder aus über 125 endemischen Ländern erkrankten 1988 an Kinderlähmung. Im Jahr 2012 (Stand: 15. Mai 2012) wurden nur 55 Fälle gemeldet und nur drei Länder gelten nach wie vor als polio-endemisch: Nigeria, Pakistan und Afghanistan.
Weiterführende Links:
Globaler Notfallplan (EAP) 2012-2013
Länderübersichten: Nigeria, Pakistan, Afghanistan
Finanzierungslücken
Infografik
Mitschnitte
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