Die weltweite Ungleichheit in Friedenszeiten hat sich im letzten Jahr verschärft und die am wenigsten friedlichen Länder sind in einer Gewaltspirale gefangen
LONDON, June 8, 2016 /PRNewswire/ --
- Im letzten Jahr herrschte weniger Frieden auf der Welt. Diese Entwicklung geschah im Zuge des seit zehn Jahren anhaltenden Zerfalls des Weltfriedens, in erster Linie durch einen wachsenden Terrorismus und eine höhere politische Instabilität.
- Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt auf die Weltwirtschaft beliefen sich auf insgesamt $13,6 Billionen USD bzw. 13,3 % des globalen BIP; dies ist 11 Mal so hoch wie die auswärtigen Direktinvestitionen weltweit.
- Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt im letzten Jahrzehnt betrugen insgesamt $137 Billionen USD - mehr als das weltweite BIP 2015.
- Die Anzahl der Flüchtlinge und Vertriebenen ist im Laufe des vergangenen Jahrzehnts dramatisch gestiegen und hat sich zwischen 2007 und 2016 auf etwa 60 Millionen Menschen verdoppelt, fast 1 % der Weltbevölkerung.
- Island ist das friedlichste Land der Welt, gefolgt von Dänemark und Österreich.
- Syrien ist das am wenigsten friedliche Land, gefolgt von Südsudan, Irak, Afghanistan und Somalia.
- Panama, Thailand und Sri Lanka haben sich in Sachen Frieden am meisten verbessert; der Jemen, die Ukraine und die Türkei haben sich am meisten verschlechtert.
- In Brasilien ergibt ein 15 %-iger Anstieg der politischen Instabilität zusammen mit Verschlechterungen bei den Inhaftierungs- und Polizeiquoten einen besorgniserregenden Trend - und das nur wenige Monate vor den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro.
Aus der heute veröffentlichten zehnten Auflage des Weltfriedensindex (Global Peace Index) geht insbesondere eine tiefgreifende, wachsende weltweite Ungleichheit in Sachen Frieden hervor. Die Kluft zwischen den friedlichsten und am wenigsten friedlichen Ländern der Welt wird immer breiter. Die Studie des internationalen Think-Tanks, dem Institute for Economics and Peace hat ergeben, dass zwar in 81 Ländern Verbesserungen zu beobachten waren, dass die Verschlechterungen in 79 anderen Ländern diese positiven Entwicklungen aber übertrafen, so dass der Weltfrieden schneller dahinschwand als noch im Vorjahr. Nichtsdestotrotz verzeichnen einige der friedlichsten Länder aktuell jedoch ein bis dato ungekanntes Friedensniveau.
Die Lage im Nahen Osten und Afrika (MENA), der am wenigsten friedlichen Region im Bericht des letzten Jahres, verschlechterte sich weiter, da sich regionale Konflikte intensivierten und den Frieden weltweit in Mitleidenschaft zogen. Die aktuelle Konzentration von Gewalt und Konflikten in der Region MENA ist so intensiv, dass der Durchschnittswert des Weltfriedens sich verbessert, wenn man diese Region isoliert betrachtet. Drei der fünf schwerwiegendsten Fälle von Friedensverschlechterung fanden in dieser Region statt: im Jemen, in Libyen und in Bahrain.
Steve Killelea, Gründer und Vorstandsvorsitzender des IEP , äußerte sich wie folgt: "Je mehr sich die internen Konflikte in der Region MENA verschärfen, umso mehr bringen sich externe Parteien ein und das Potenzial für einen indirekten Krieg bzw. ‚Stellvertreterkrieg' zwischen Nationalstaaten steigt. Dies konnte bereits in Syrien anhand des Konfliktes zwischen dem Assad-Regime und mehreren nicht-staatlichen Akteuren beobachtet werden und überträgt sich jetzt auch auf Länder wie den Jemen. Es besteht ein größer angelegter Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran und seit kurzem haben sich sowohl die USA als auch Russland mehr eingebracht."
Der weltweite Schwund an Frieden 2015 war auf wachsenden Terrorismus und höhere politische Instabilität zurückzuführen. Obwohl sich der Großteil der terroristischen Aktivität in hohem Maße auf fünf Länder konzentriert - Syrien, Irak, Nigeria, Afghanistan und Pakistan -, breitet sich der Terrorismus immer mehr aus; nur 23 % aller Länder des Index haben kein terroristisches Ereignis erlebt. Der Durchschnittswert in Europa, das erneut die friedlichste Region der Welt war, verschlechterte sich im Bericht diesen Jahres infolge der Terroranschläge in Paris und Brüssel; die durch Terrorismus verursachten Todesfälle in Europa haben sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt.
Die Anzahl der Flüchtlinge und Vertriebenen ist im Laufe des vergangenen Jahrzehnts dramatisch gestiegen und hat sich zwischen 2007 und 2016 auf etwa 60 Millionen Menschen verdoppelt, fast 1 % der Weltbevölkerung. Es gibt nunmehr neun Länder, in denen mehr als 10 % der Bevölkerung auf die eine oder andere Art heimatlos wurden; in Somalia und dem Südsudan sind es 20 % der Bevölkerung und in Syrien mehr als 60 %.
Die weltweiten wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt sanken zwar im Vergleich zum Vorjahresbericht um 2 %, beliefen sich jedoch 2015 immer noch auf schwindelerregende $13,6 Billionen USD; dies ist 11 Mal so hoch wie die auswärtigen Direktinvestitionen weltweit. Dies entspricht 13,3 % des weltweiten BIP bzw. $1876 USD pro Person. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt in den letzten zehn Jahren betrugen insgesamt $137 Billionen USD; das ist mehr als das weltweite BIP 2015.
Steve Killelea bemerkte: "Die zunehmende Internationalisierung interner Konflikte fiel mit einem historischen Höchststand der Gelder für UN-Friedensmissionen 2016 zusammen: Dies war der am meisten verbesserte Indikator im diesjährigen Bericht. Es wurden mehr Friedenshüter entsandt und mehr Länder kamen Ihren Pflichten in Bezug auf UN-Friedensmissionen nach. Die Ausgaben für Friedensschaffung und -wahrung bleiben jedoch weiterhin gering im Vergleich zur den wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt und entsprechen nur 2 % der weltweiten Verluste durch bewaffnete Konflikte.
"Das Angehen der weltweiten Friedensungleichheit und das Erreichen einer Reduzierung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Gewalt um insgesamt 10 % würde eine Friedensdividende von $1,36 Billionen USD ergeben. Dies entspricht etwa dem Umfang der weltweiten Nahrungsmittelexporte."
Der Bericht umfasst auch eine Prüfung der verfügbaren Daten zur Messung von Ziel 16 der Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals), der formalen Anerkennung der grundlegenden Rolle, die Frieden für das Voranschreiten der Entwicklung weltweit spielt, durch die UN-Mitgliedsstaaten. Daraus geht hervor, dass es zwar einige bestehende Daten gibt, um Fortschritt zu messen und somit die Mitgliedsstaaten in Bezug auf die Erreichung ihrer Ziele zur Verantwortung zu ziehen, dass aber umfangreiche Investitionen getätigt werden müssen, um die Ziele zu messen.
Der Bericht schließt mit neuen Forschungsergebnissen in Bezug auf Widerstandskraft und das, was das IEP als ‚Positiven Frieden' bezeichnet: die Haltungen, Institutionen und Strukturen, die Frieden erhalten. Aus dem Bericht geht hervor, dass im Laufe des letzten Jahrzehnts in Ländern mit einem geringen Niveau an Positivem Frieden 13 Mal mehr Menschen aufgrund von Naturkatastrophen ums Leben kamen als in Ländern mit einem hohen Maß an Positivem Frieden.
REGIONALES RANKING + HIGHLIGHTS
Europa stand erneut an der Spitze der friedlichsten Regionen der Welt. Die größten Verbesserungen seit dem Vorjahr fanden in Zentralamerika und der Karibik statt, doch auch Südamerika machte Fortschritte in Bezug auf Friedlichkeit. Der stärkste Rückgang war in der Region MENA zu verzeichnen, gefolgt von Subsahara-Afrika, Europa und der Region Asien-Pazifik.
- Europa belegt sechs der sieben Top-Positionen im Ranking; am besten schneiden Island, Dänemark und Österreich ab. Portugal konnte an seinen Erfolg aus dem Vorjahr anknüpfen und verbesserte sich weltweit um neun Plätze auf Rang fünf. Der Durchschnittswert in Europa sank jedoch aufgrund der Auswirkungen von Terrorismus sowie der Gewalteskalation und Instabilität in der Türkei sowie den sich verschlechternden Beziehungen des Landes zu seinen Nachbarn.
- Der Wert von Nordamerika entsprach dem GPI 2015. In Kanada war ein leichter Rückgang aufgrund erhöhter Waffenimporte und -exporte zu beobachten, der jedoch durch eine vergleichbare Verbesserung in den USA aufgefangen wurde.
- Das Friedensniveau in der Region Asien-Pazifikblieb im Vergleich zu 2015 weitgehend unverändert, doch eine Reihe von Ländern, u.a. Indonesien, Timor-Leste, Myanmar und Thailand konnten sich verbessern. Zunehmende Spannungen im Südchinesischen Meer haben die Außenbeziehungen zwischen den drei am stärksten betroffenen Nationen in Mitleidenschaft gezogen: China, Vietnam und die Philippinen.
- Trotz anhaltender Sicherheitsprobleme in Zentralamerika und der Karibik verbesserte sich der Wert der Region genug, um Südamerika im Ranking zu überholen und insgesamt den vierten Platz zu belegen. Insbesondere in den Bereichen politische Instabilität und politischer Terror wurden Verbesserungen beobachtet. Am besten schnitt Costa Rica ab, das sich u.a. durch seine geringe Militarisierungsquote auszeichnet.
- Südamerika fiel angesichts der beträchtlichen Verbesserungen in Zentralamerika und der Karibik zurück, verzeichnete aber dennoch eine Verbesserung in Bezug auf seinen Gesamtwert im Vergleich zu 2015. Dies war auf weniger internationale Konflikte und eine geringere Militarisierung zurückzuführen, die wiederum auf weitgehend friedliche Beziehungen zwischen Nachbarländern aufbauen. In Venezuela und Brasilien waren jedoch beträchtliche soziale Unruhen zu beobachten. Die politische Instabilität in Brasilien erhöhte sich nur wenige Monate vor Beginn der Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro.
- Der durchschnittliche Rückfall von Subsahara-Afrika verdeckt starke Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern: Chad, Mauretanien und Niger konnten die Beziehungen zu ihren Nachbarländern verbessern, während die Gefahr, die von islamistischen Terrorgruppen ausgeht, weiterhin viele Länder in der Sahel und in Westafrika belastet.
- Russland und Eurasien bleibt weiterhin die am drittwenigsten friedliche Region. Die größten Verbesserungen waren in Weißrussland, Kasachstan und Usbekistan zu beobachten, die markantesten Verschlechterungen in der Ukraine, aufgrund des anhaltenden Konfliktes mit pro-russischen Separatistenkräften in der Region Donbass.
- Südasien ist weiterhin die am zweitwenigsten friedliche Region. Afghanistan, Nepal, Bangladesch und Indien haben sich verschlechtert, während sich Bhutan, Sri Lanka und Pakistan in geringem Umfang verbessern konnten. Die internen Sicherheitsbedenken stiegen in Bangladesch und Nepal aufgrund von Anti-Regierungsprotesten an. Afghanistan verzeichnete im letzten Jahr einen Wiederanstieg an Gewalt aufgrund einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen Regierungs- und Taliban-Kräften und einem möglichen Neuaufstieg von Al-Qaida nach dem Rückzug der Koalitionskräfte in 2014.
- Die Region MENA, die bereits im GPI 2015 den letzten Platz belegte, verzeichnete in diesem Jahr den stärksten Friedensrückgang, da sich der Bürgerkrieg in Syrien und dem Jemen zuspitzte und zu erhöhten externen Eingriffen führte. Der Jemen, dessen langjährige politische Krise sich Anfang 2015 zu einem echten Bürgerkrieg auswuchs, verzeichnete einen tiefen Fall; dies war zurückzuführen auf die wachsende Zahl der Kriegsopfer, einem starken Anstieg der Anzahl an Flüchtlingen und internen Vertriebenen sowie einem höheren Maß an Terroranschlägen seitens Al-Qaida und ISIL.
Weitere Informationen finden Sie auf http://www.visionofhumanity.org.
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Über den Global Peace Index (GPI)
Die ist die zehnte Auflage des GPI, des weltweit führenden Maßstabes für Weltfrieden, erstellt vom Institute for Economics and Peace (IEP). Er misst anhand von 23 Einzelindikatoren andauernde inländische und internationale Konflikte, die Sicherheit und den Schutz in der Gesellschaft sowie den Militarisierungsgrad in 163 Ländern und Gebieten. Der Bericht zum zehnten Jubiläum stellt die bis dato umfassendste Analyse der Trends in Bezug auf Frieden und Gewalt im Laufe des vergangenen Jahrzehntes dar. In der Ausgabe von 2016 ist erstmals auch Palästina enthalten; sie verfügt somit über eine noch größere Reichweite als zuvor.
Über das Institute for Economics and Peace
Das IEP ist ein internationaler, unabhängiger Think-Tank zur Verlagerung des Weltblicks auf Frieden als ein positives, erreichbares und reales Maß für das menschliche Wohlergehen und den Fortschritt.
Internationale Kontakte
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