Fortschritte in der weltweiten Erforschung von Blutmarkern für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen
VON DER ALZHEIMER'S ASSOCIATION INTERNATIONAL CONFERENCE 2019
LOS ANGELES, 15. Juli 2019 /PRNewswire/ -- Bei der Alzheimer's Association International Conference (AAIC) 2019 in Los Angeles wurde von signifikanten Fortschritten in der weltweiten Entwicklung von Bluttests für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen berichtet.
Ein anlässlich der AAIC 2019 veröffentlichter neuer Bericht beschreibt Methoden zur Auswertung abnormaler Amyloid-Proteine, die die Bausteine der charakteristischsten Hirnläsionen in Verbindung mit einer Alzheimer-Erkrankung darstellen, und deren Korrelation mit etablierten Alzheimer-Markern. Zwei weitere Berichte beschreiben neue Blutuntersuchungen zur Auswertung von α-Synuclein, das zu Veränderungen im Gehirn bei Parkinson und Lewy-Körper-Demenz beiträgt, und leichten Neurofilamenten, die sich als zuverlässige Indikatoren für allgemeine Hirnzellschäden erwiesen haben.
Derzeit können Veränderungen im Gehirn, die vor Alzheimer-Demenzsymptomen auftreten, nur durch Positronen-Emissionstomographie-Scans (PET) und durch die Messung von Amyloid- und Tau-Proteinen in der Rückenmarksflüssigkeit zuverlässig beurteilt werden. Viele dieser Tests sind teuer und gegebenenfalls invasiv, wie etwa die Lumbalpunktion. Zudem stehen diese Methoden häufig gar nicht zur Verfügung, werden von der Versicherung nicht bezahlt oder sind schwer zugänglich.
Wir sehen derzeit ein weltweites „Rennen", um neue Screening- und Diagnoseinstrumente für die Alzheimer-Krankheit zu finden und weiterzuentwickeln, wie z. B. Bluttests.
„Es besteht ein großer Bedarf an einfachen, zuverlässigen, kostengünstigen, nicht-invasiven und leicht verfügbaren Werkzeugen für die Alzheimer-Diagnose", sagt Maria C. Carrillo, PhD, Chief Science Officer der Alzheimer's Association. „Familien, die heute und in Zukunft mit Alzheimer konfrontiert sind, würden von einfachen und allgemein zugänglichen Diagnosemethoden profitieren, die eine genaue Erkennung früher im Krankheitsprozess sowie die richtige Versorgung und Planung ermöglichen."
„Diese neuen Testtechnologien, die derzeit in der Industrie und in der wissenschaftlichen Forschung entwickelt werden, könnten möglicherweise auch dazu verwendet werden, Therapien in klinischen Studien zu auszuwerten", fügte Carrillo hinzu.
Wie lässt sich Plasma-Amyloid mit anderen Alzheimer-Biomarkern vergleichen?
In einer im Januar 2018 in Nature veröffentlichten Studie beschrieben Akinori Nakamura, MD, PhD, vom National Center for Geriatrics and Gerontology, Obu, Japan und seine Kollegen den potenziellen Blutbiomarker Amyloid-Beta, anhand welchem das Risiko, in der Zukunft an Alzheimer-Demenz zu erkranken, möglicherweise identifiziert werden könnte. Die Technologie misst die Plasmaspiegel von Amyloid-bezogenen Peptiden (Aβ1-42, Aβ1-40 und APP669-711) und der Biomarker wird durch Kombinieren der Peptid-Verhältnisse generiert (APP669-711/Aβ1-42 und Aβ1-40/Aβ1-42).
Auf der AAIC 2019 berichteten Nakamura und Kollegen über die Ergebnisse einer Studie zur Analyse des Plasma-Biomarkers im Vergleich zum Amyloid-PET-Scan (Betrachtung der Aβ-Deposition), zur strukturellen MRT (Betrachtung der Hirnatrophie), zum FDG-PET (Betrachtung des Glukose-Hypometabolismus) und zu Verhaltenstests (MMSE/Betrachtung des kognitiven Abbaus). Sie analysierten 201 Proben (davon 70 kognitiv normale, 46 mit milder kognitiver Beeinträchtigung, 61 mit Alzheimer und 24 mit nicht-Alzheimer-Demenz) von drei verschiedenen Instituten in Japan.
Die zusammengesetzten Blutbiomarkerwerte korrelierten signifikant mit Amyloid-PET-Werten (p-0,001), MRT (p-0,001), FDG-PET (p-0,002) und MMSE (p-0,001).
„Wir stellten fest, dass der Plasma-Biomarker frühe Amyloid-Ablagerungen erkennen kann, noch bevor Demenzsymptome auftreten", sagte Nakamura. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Plasma-Biomarker für jene Personen nützlich sein kann, bei denen ein Risiko besteht, an Alzheimer zu erkranken. Dies kann in klinischen Studien für Alzheimer-Therapien helfen und auch jene Studien beschleunigen, die untersuchen, welche Auswirkungen eine nicht-medikamentöse Intervention sowie das Risikomanagement und ein bestimmter Lebensstil auf die Progression von Alzheimer haben."
α-Synuclein (ein Lewy-Körper-Marker), Amyloid und Tau in roten Blutkörperchen
Ein häufiges Merkmal vieler degenerativer Hirnerkrankungen ist das Auftreten von „fehlerhafter Proteinfaltung", unter anderem in Bezug auf α-Synuclein (α-syn), Amyloid-Beta (Aβ) und Tau, sowohl im Gehirn als auch in peripheren Flüssigkeiten. Es wird seit Kurzem davon ausgegangen, dass die physische Interaktion von α-syn mit Amyloid und Tau an der Ursache und der Progression dieser Krankheiten beteiligt sind.
Abweichende Amyloide und Tau-Proteine sind die wichtigsten Bausteine der charakteristischen Hirnläsionen bei der Alzheimer-Krankheit, wobei diese Abweichungen auch bei anderen Erkrankungen auftreten. α-syn ist ein wichtiger Bestandteil von Lewy-Körpern, den Proteinklumpen, die das Kennzeichen der Parkinson-Krankheit und der Lewy-Körper-Demenz sind.
Filippo Baldacci, MD, von der Abteilung für Klinische und Experimentelle Medizin an der Universität Pisa in Italien und das Institut für Gedächtnis- und Alzheimer-Erkrankungen (IM2A), Abteilung für Neurologie am Pitié-Salpêtrière-Krankenhaus in Paris, untersuchten mit Kollegen, ob anhand von α-syn-Konzentrationen und deren Kombination mit Amyloid und Tau (α-syn/Aβ und α-syn/tau) in roten Blutkörperchen Alzheimer-Patienten von gesunden Personen korrekt unterscheidbar sind.
Es wurden 39 Personen mit Alzheimer im Frühstadium mit einer aus 39 Personen bestehenden altersgerechten gesunden Kontrollgruppe in Bezug auf die Konzentrationen von α-syn, α-syn/Aβ und α-syn/tau verglichen. Alzheimer-Patienten erhielten eine Biomarker-basierte Diagnose (CSF Aβ und CSF Gesamt-Tau-Werte und/oder Phospho-Tau; alternativ ein positiver Amyloid-PET-Scan des Gehirns).
Die Forscher in dieser Studie fanden heraus, dass im Vergleich zur Kontrollgruppe bei Personen mit Alzheimer niedrigere Konzentrationen von α-syn, α-syn/Aβ und α-syn/tau in den roten Blutkörperchen (red blood cells; RBC) vorhanden waren. RBC α-syn/Aβ und RBC α-syn/tau unterschieden Alzheimer-Patienten von gesunden Kontrollpersonen mit „angemessener Genauigkeit" (AUROC=0,76 bzw. 0,72). RBC α-syn erwies sich als weniger genau (AUROC=0,63).
„Unsere Ergebnisse zeigten, dass Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden Personen viel geringere Konzentrationen von α-Synuclein sowie Kombinationen mit Amyloid und Tau in ihren roten Blutkörperchen aufwiesen", sagte Baldacci. „Weiterführende Forschungen und Nachweise könnten diese Erkenntnis zu einem guten Instrument machen, um Menschen mit Alzheimer zu identifizieren. Wir führen aktuell Experimente durch, um zu überprüfen, ob Alzheimer von anderen Hirnerkrankungen wie Lewy-Körperchen-Demenz oder Parkinson-Demenz unterschieden werden kann."
„Rote Blutkörperchen können praktikable und relevante Modelle für die Neurodegeneration sein, da sie wahrscheinlich an der Akkumulation und Beseitigung fehlerhaft gefalteter Proteine beteiligt sind", fügte Baldacci hinzu.
Neurofilament-Leichtketten im Plasma unterscheiden diverse Krankheiten von gesunden Kontrollgruppen
Neurofilament leicht (NfL), auch bekannt als Neurofilament-Leichtkette, wird aktiv als biologischer Marker für eine Neurodegeneration in der Zerebrospinalflüssigkeit und im Plasma bei einer Vielzahl von neurologischen Erkrankungen, einschließlich Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen, untersucht.
Abdul Hye, PhD, vom Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience, King's College London (KCL) sagt: „Obwohl weithin anerkannt ist, dass sich die Konzentrationen von NfL im Blut bei altersgerechten Kontrollpersonen und Erkrankten unterscheiden, gibt es bisher nur begrenzte Forschungen darüber, wie stark die jeweiligen Konzentrationen je nach neurodegenerativer Störung abweichen."
Wie auf der AAIC 2019 berichtet, führten Hye und Kollegen am KCL, an der Lund Universität und an der Universität Göteborg eine multizentrische internationale Studie durch, um die Konzentrationen von NfL im Blut bei verschiedenen neurodegenerativen/neurologischen Erkrankungen zu vergleichen. In der Studie umfasste die ursprüngliche Gruppe (n=1.465; BioFINDER von der Universität Lund) und eine zweite unabhängige Kohorte (n=852; KCL) Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI), Alzheimer, einer frontotemporalen Demenz (FTD), einer Lewy-Körper-Demenz (DLB), Parkinson (PD), einer primären Tauopathie sowie gesunde ältere Kontrollpersonen. Darüber hinaus wurden mehrere andere Erkrankungen wie vaskuläre Demenz, Down-Syndrom (DS), amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Multiple Sklerose (MS) und klinische Depression inkludiert.
Die Forscher fanden heraus, dass im Vergleich zur Kontrollgruppe NfL bei acht neurodegenerativen Erkrankungen, darunter Alzheimer, FTD, DLB, Kortikobasal-Syndrom (CBS), ALS und Down-Syndrom mit Demenz (DS-D), signifikant erhöht war. Beide Studiengruppen zeigten ähnliche Ergebnisse. Es wurde anschließend ein NfL-Grenzwert festgelegt (in der BioFINDER-Studiengruppe), um zu unterscheiden, was als normale und abnormale Konzentration angesehen werden sollte; dies wurde dann in der KCL-Kohorte getestet.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass nur 2 % der gesunden Kontrollpersonen abnormale NfL-Spiegel hatten, was den gewählten Grenzwert bestätigte. Der Cut-off-Punkt identifizierte die folgenden Gruppen in der Studie als jene mit den höchsten NfL-Konzentrationen: ALS (82 %), DS-D (100 %), CBS (53-67 %) FTD (40-63 %). In beiden Studiengruppen wurde lediglich bei 16-20 % der Personen mit Alzheimer die Schwelle des abnormalen NfL-Wertes überschritten. Die Forscher geben an, dass diese für Alzheimer spezifischen Ergebnisse in den Daten der Alzheimer Disease Neuroimaging Initiative repliziert wurden.
„Zum ersten Mal haben wir gezeigt, dass NfL allein dazu in der Lage ist, mehrere neurodegenerative Erkrankungen im Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen zu unterscheiden", sagte Hye. „Diese Ergebnisse sind vielversprechend, was den Einsatz von NfL als diagnostisches Werkzeug und unterstützende Komponente in klinischen Studien betrifft.
„Wie auch zuvor in anderen Studien gezeigt, ist NfL kein spezifischer Indikator für eine bestimmte Erkrankung, jedoch könnte es sich als wertvoll erweisen, wenn es darum geht, relativ kostengünstig und schnell das Entstehen einer Neurodegeneration im Gehirn zu testen", fügte Hye hinzu.
Informationen zur Alzheimer's Association International Conference (AAIC)
Die Alzheimer's Association International Conference (AAIC) ist die größte auf Alzheimer und andere Demenzerkrankungen spezialisierte Konferenz für Wissenschaftler aus aller Welt. Als Teil des Forschungsprogramms der Alzheimer's Association dient die AAIC als Katalysator für eine vitale, kollegiale Forschungsgemeinschaft, die neues Wissen über Demenz ans Tageslicht bringen soll.
AAIC 2019 Homepage: www.alz.org/aaic/
AAIC 2019 Newsroom: www.alz.org/aaic/pressroom.asp
Informationen zur Alzheimer's Association
Die Alzheimer's Association ist die weltweit führende ehrenamtliche Gesundheitsorganisation, die sich mit der Betreuung und Unterstützung von Alzheimer-Patienten und der Erforschung dieser Erkrankung beschäftigt. Unsere Mission ist es, Alzheimer durch intensivierte Forschung zu bekämpfen, die Versorgung und Unterstützung aller Betroffenen zu gewährleisten und zu verbessern und das Risiko von Demenz durch die Förderung eines gesunden Gehirns zu reduzieren. Unsere Vision ist eine Welt ohne Alzheimer. Besuchen Sie alz.org oder rufen Sie uns unter 800.272.3900 an.
- Akinori Nakamura, MD, PhD, et al. What Kind of Information Does the Plasma Amyloid-β Biomarker Tell Us? (Finanziert durch: Japan Agency for Medical Research and Development)
- Filippo Baldacci, MD, et al. Potential Diagnostic Value of Red Blood Cells α-Synuclein Heteroaggregates in Alzheimer's Disease. (finanziert durch: PRA Health Sciences, Inc.)
- Abdul Hye, PhD, et al. Plasma Neurofilament Light a Pan-Neurodegenerative Marker. (finanziert durch: Nationales Institut für Gesundheitsforschung (National Institute for Health Research; NIHR); Europäischer Forschungsrat; Schwedischer Forschungsrat; Knut and Alice Wallenberg Foundation; Marianne and Marcus Wallenberg Foundation; Swedish Alzheimer Foundation; Swedish Brain Foundation; Parkinson Foundation of Sweden; Skåne University Hospital Foundation; Schwedische Bundesregierung)
Logo - https://mma.prnewswire.com/media/946692/aaic19_4c_nobox.jpg
Related Links
WANT YOUR COMPANY'S NEWS FEATURED ON PRNEWSWIRE.COM?
Newsrooms &
Influencers
Digital Media
Outlets
Journalists
Opted In
Share this article