Europarat weist in Abstimmung Bericht über aserbaidschanische Gefangene eindeutig zurück
STRASSBURG, Frankreich, January 25, 2013 /PRNewswire/ --
Die Parlamentarische Versammlung des Europarates wies am Mittwoch einen juristischen Bericht des deutschen Sonderberichterstatters Christoph Strasser über politische Gefangene in Aserbaidschan zurück, ein seltenes Vorkommnis in diesem Menschenrechtsgremium.
Eine deutliche Mehrheit von 125 Gegenstimmen bei 79 Zustimmungen und 20 Enthaltungen sprach sich gegen den kontroversen Bericht von Strasser aus.
Gleichzeitig wurde unabhängig davon ein Überwachungsbericht des Spaniers Pedro Agramunt und des Maltesers Joseph Debono Grech zum Thema Aserbaidschan mit überwältigender Mehrheit von der Versammlung angenommen und für seine Ausgewogenheit, Ausführlichkeit und Aufgeschlossenheit gelobt.
"Ich freue mich sehr über diesen Sieg der Vernunft", so Elkhan Suleymanov, ein aus Aserbaidschan stammendes Parlamentsmitglied. "Die Versammlung konnte nicht in derselben Sitzung zwei einander widersprechende Berichte annehmen."
Suleymanov wies darauf hin, dass der von Strasser verfasste Bericht sich lediglich auf zwei einzelne Aktivisten bezog, wohingegen der Überwachungsbericht auf Erkundungsbesuchen und Unterredungen mit Behörden, Bürgern, Nichtregierungsorganisationen, Journalisten und unabhängigen Juristen basierte.
Die beiden Berichte wiesen auch bei der Zahl der angeblichen politischen Gefangenen Abweichungen auf. Der Überwachungsbericht führt 22 Personen auf (von denen 21 mittlerweile begnadigt wurden), der Bericht von Strasser nennt hingegen 85 Namen, eine Zahl, die nur Stunden vor der Sitzung nach unten korrigiert wurde.
"Eine Annahme des Berichts von Strasser hätte nicht nur dem Ruf Aserbaidschans, sondern auch der Glaubwürdigkeit des Europarats Schaden zugefügt", meint Suleymanov.
Während der lebhaften Debatte, die der Abstimmung vorausging, wurde der Bericht von Strasser von Mitgliedern der Versammlung heftig kritisiert, die dem Berichterstatter vorwarfen, Aserbaidschan gegenüber Vorurteile zu hegen, und auf die widersprüchlichen Informationen über politische Gefangene in dem Land hinwiesen, unter denen auch Mörder und islamische Extremisten zu finden sind, die die aserbaidschanische Regierung gewaltsam stürzen und die Scharia einführen wollen.
Der Spanier Agustin Conde unterstrich, dass "ein Mörder niemals als politischer Gefangener betrachtet werden darf" und kam zu der Schlussfolgerung, dass "wir die Menschenrechte aufrechterhalten sollten und keine Terroristen oder Islamisten unterstützen dürfen".
Währenddessen wies der Franzose Thierry Mariani auf die geopolitische Bedeutung Aserbaidschans hin - das Land grenzt an den Iran - und sagte, der Bericht von Strasser vermittele eine gefährliche Botschaft. "Wir dürfen islamistischen Regimen keine Unterstützung zukommen lassen", sagte Mariani und fügte hinzu: "Aserbaidschan ist hier die Zielscheibe, und der Bericht versucht, das Land zu stigmatisieren."
Der von Strasser verfasste Bericht, dessen Fertigstellung fünf Jahre in Anspruch genommen hat, wird schon seit geraumer Zeit kontrovers betrachtet. Die Gründe dafür reichen von den immer wiederkehrenden Widersprüchen hinsichtlich der Definition des Begriffs "politischer Gefangener" bis hin zu Zweifeln an der Objektivität Strassers, der selbst noch niemals in Aserbaidschan war und öffentlich angekündigt hatte, dass sein Bericht negativ ausfallen würde.
Robert Walter aus dem Vereinigten Königreich merkte an, dass die von Strasser zusammengestellte Liste der politischen Gefangenen nicht mit den Zahlen von Amnesty International oder den Erkenntnissen der OSZE übereinstimmte. Terry Leyden aus Irland ging sogar noch einen Schritt weiter und nannte Strassers Bericht "völlig ungenau".
Mike Hancock aus dem Vereinigten Königreich bemängelt außerdem, es gäbe "erhebliche Verwirrung hinsichtlich der Erkenntnisse von Herrn Strasser". "Hier wird ein Mitgliedsstaat zur Zielscheibe", sagte er. "So eine Herangehensweise ist unfair, kann nicht richtig sein und darf von dieser Versammlung nicht toleriert werden." Demgegenüber lobte er den Überwachungsbericht als "stichhaltig" und "ungeschönt".
Theodora Bakoyannis aus Griechenland hielt die wohl bewegendste Rede, in der sie über ihre eigene politische Gefangenschaft nachdachte, als sie im Alter von 14 Jahren während der Zeit der Diktatur in Griechenland gleichzeitig mit ihrem Vater im Gefängnis saß. Später wurde ihr Ehemann von Terroristen ermordet.
"Seien Sie sehr vorsichtig, Herr Strasser", sagte sie. "Ich kenne Aserbaidschan. Es ist ein Land, in dem Frauen sich frei bewegen können und in dem Religionsfreiheit herrscht. Aber die Nachbarn Aserbaidschans wollen, dass Aserbaidschan so wird wie sie."
Viele Parlamentarier wiesen darauf hin, dass in Aserbaidschan noch nicht alle demokratischen Prinzipien umgesetzt sind und das Land noch einen weiten Weg vor sich hat. Aber wir sollten, so Terry Leyden, "immer daran denken, dass Aserbaidschan als ehemalige Sowjetrepublik schon beträchtliche Fortschritte gemacht hat und dem Land auch seine bisherigen Leistungen anrechnen."
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