KORREKTUR - Polygon beantragt Abstimmung der Hauptversammlung der Biotest AG über die Durchführung einer Sonderprüfung im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Wahl des CEOs eines Wettbewerbers in den Aufsichtsrat der Biotest AG
LONDON, 6. Mai 2020 /PRNewswire/ -- Anfang April 2020 hat die Biotest AG ihre Einladung zur virtuellen ordentlichen Hauptversammlung 2020 veröffentlicht, die am 8. Mai 2020 stattfinden soll. Unter Tagesordnungspunkt 6 wird die Wahl von Herrn Xiaoying (David) Gao, dem derzeitigen Chief Executive Officer und Executive Vice Chairman der Bio Products Laboratory Ltd. (BPL) in den Aufsichtsrat der Gesellschaft vorgeschlagen.
BPL ist eine britische Gesellschaft, die der Creat Gruppe gehört, die gleichzeitig Mehrheitsaktionärin der Biotest AG ist. BPL ist hauptsächlich auf dem US-amerikanischen Markt tätig, einem Zielmarkt der Biotest AG wie diese klar und eindeutig im Rahmen ihres Next Level-Projekts erklärt hat. Polygon ist der Ansicht, dass vor diesem Hintergrund die Wahl des CEO und des Verwaltungsratsmitglieds eines Wettbewerbers in den Aufsichtsrat der Gesellschaft eine offensichtlichen Interessenskonflikt erzeugt. Es überrascht, dass der Vorstand der Biotest AG einen solchen Interessenkonflikt nicht erkennen möchte.
Als größter Einzelaktionär der Biotest AG hat Polygon am 20. April 2020 einen Gegenantrag betreffend die Vorstandsentlastung im Rahmen der Hauptversammlung der Biotest AG angekündigt, wonach per Sonderprüfung die Umstände aufgeklärt werden sollen, unter denen der Vorstand der Biotest AG zu der Einschätzung kommen konnte, dass die Bestellung von Herrn Gao keinen Interessenkonflikt begründet. Die Biotest AG hat den Gegenantrag am 24. April 2020 formell zurückgewiesen.
Im Interesse der Transparenz für alle Aktionäre der Biotest AG fügt Polygon diesem Schreiben den Antrag und die Stellungnahme der Biotest AG bei sowie eine weitere Stellungnahme von Polygon vom heutigen Tage als Erwiderung auf die Sichtweise der Biotest AG vom 24. April 2020.
Polygon ist der Ansicht, dass es im Interesse aller Aktionäre der Biotest AG liegt, mögliche Interessenskonflikte gezielt zu erkennen und, wo erforderlich, zu verhindern, welche die Gesellschaft und ihre Geschäftstätigkeit nachteilig beeinflussen können.
Contact: Polygon Global Partners LLP ([email protected])
Biotest Aktiengesellschaft
Investor Relations
Landsteinerstraße 5
63303 Dreieich
London, 5. Mai 2020
Gegenantrag zu TOP 3 / Sonderprüfung
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf Ihre Stellungnahme vom 24. April 2020 erwidern wir wie folgt:
1. Antrag ist ein Gegenantrag gemäß § 126 AktG
Bei dem von uns am 20. April 2020 übersandten Antrag handelt es sich um einen Gegenantrag gemäß § 126 AktG. Rechtsprechung und gesellschaftsrechtliche Literatur sind sich im Interesse einer informierten Meinungsbildung der Aktionäre darin einig, dass an die formalen Voraussetzungen für einen Gegenantrag zu einer einmal im Jahr stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung keine zu hohen Anforderungen zu richten sind.
Anders als Sie in Ihrer Stellungnahme schreiben, geht es bei einem Gegenantrag, zumal zum Tagesordnungspunkt „Entlastung", nicht darum, dass das bloße Gegenteil zur Beschlussfassung vorgeschlagen wird. Bei diesem Tagesordnungspunkt würde es sich bei einem Antrag auf „Nicht-Entlastung" lediglich um die Ankündigung einer Nein-Stimme zum Beschlussvorschlag der Verwaltung handeln.
Kennzeichnend für einen Gegenantrag ist vielmehr, dass er neben der bloßen Negierung des Beschlussvorschlags der Verwaltung auf eine inhaltlich abweichende Beschlussfassung gerichtet ist. Exakt dies ist bei unserem Gegenantrag vom 20. April 2020 der Fall: Er bringt zum Ausdruck, dass die Vorstandsmitglieder nicht entlastet werden sollen und stattdessen eine Sonderprüfung im Hinblick auf Vorgänge im Zusammenhang mit der Geschäftsführung durchgeführt werden soll.
Dass es sich bei dem übermittelten Antrag um einen Gegenantrag zum Tagesordnungspunkt „Entlastung" handelt, geht entgegen Ihrer höchst formalistischen und im Übrigen sachlich unrichtigen Stellungnahme nicht nur aus unserer Begleitmail zum gestellten Antrag hervor, sondern auch aus dem Antragsdokument selbst. In diesem heißt es: „Zu TOP 3 stellen wir den Antrag, folgende Beschlüsse zu fassen" / We propose the following counter-motions regarding item 3 of the agenda".
2. Antrag auch nach Maßgabe des COVID-19-Gesetzes in der virtuellen Hauptversammlung 2020 möglich
Im Gegensatz zu Ihren Ausführungen bleiben Anträge zu Gegenständen der Tagesordnung auch unter dem COVID-19-Gesetz in der virtuellen Hauptversammlung am 8. Mai 2020 möglich.
In Ihrer Hauptversammlungseinladung, S. 4, haben Sie für Gegenanträge explizit bestätigt, diese seien so zu behandeln, als seien sie in der Hauptversammlung gestellt worden. Selbst wenn man aus höchst formalen Gründen den übersandten Antrag vom 20. April 2020 auf Durchführung der Sonderprüfung nicht als Gegenantrag betrachten wollte, sondern als sonstigen bekanntmachungsfreien Antrag gemäß § 124 Abs. 4 S. 2 AktG, wären Sie nach der Selbstverpflichtung in Ihrer Hauptversammlungseinladung gehalten, den übersandten Antrag genauso zu behandeln wie einen Gegenantrag. Jede andere Handhabung und Nicht-Zulassung würde den Aktionärsrechten und dem Transparenzgebot widersprechen.
Dies gilt umso mehr, als Sie auf Seite 4 Ihrer Hauptversammlungseinladung systematisch zwischen separat bekanntmachungspflichtigen Tagesordnungsergänzungsverlangen einerseits und bekanntmachungsfreien Anträgen zu Gegenständen der Tagesordnung andererseits unterscheiden. Da ein bekanntmachungsfreier ergänzender Sachantrag ebenso wie ein Gegenantrag in die letztere Kategorie fällt, sind beide Antragsformen unter systematischen wie zweckentsprechenden Auslegungsgesichtspunkten gleich zu behandeln.
3. Bezug des Sonderprüfungsantrags zum Entlastungszeitraum gegeben
Anders als Sie vertreten, bezieht sich der unter Tagesordnungspunkt 3 bekanntgemachte Beschlussvorschlag zur Entlastung der Mitglieder des Vorstands zeitlich nicht allein auf das abgelaufene Kalenderjahr 2019. Die Entlastung stellt nach allgemeiner Meinung auch die Beschlussfassung über eine Vertrauenserklärung für die Gegenwart und Zukunft dar. Da die Vorgänge im Zusammenhang mit der Abgabe der Entsprechenserklärung im März 2020 untrennbar mit dem für das Geschäftsjahr 2019 – ebenfalls im März 2020 – auf- und festgestellten Jahresabschluss zusammenhängen, sind sie von der diesjährigen Beschlussfassung über die Entlastung erfasst. Es wäre sinnwidrig, diese Vorgänge in das folgende Geschäftsjahr zu verschieben.
4. Unzureichende und sachlich unrichtige Antworten
In Ihrer Stellungnahme vom 24. April 2020 behandeln Sie die Punkte, welche im Rahmen der Sonderprüfung untersucht werden sollen, nur unzureichend. So teilen Sie weder mit, wann und wie zur Beschlussfassung des Vorstands einberufen wurde noch wer etwa das Umlaufverfahren für die Beschlussfassung im Aufsichtsrat initiiert hat. Es ist zu untersuchen, ob die Beschlussfassung tatsächlich wie von Ihnen angegeben stattgefunden hat. Auch im Übrigen kann Ihre „freiwillige" Beantwortung der Fragen eine unabhängige Sonderprüfung nicht ersetzen.
Dies zeigt sich bereits daran, dass Sie in Ihrer Stellungnahme angeben, die von Herrn Gao geführte Bio Products Laboratory Ltd. (BPL) sei kein wesentlicher Wettbewerber der Gesellschaft. Ihre Begründung, wonach sich dies daraus ergeben solle, dass die Gesellschaft im Gegensatz zur BPL nicht in den USA vertreten sei, ist irreführend. Richtig ist vielmehr, dass die Gesellschaft erhebliche Anstrengungen unternimmt, um ihre Präsenz in den USA auszubauen.
Dies lässt sich durch Aussagen der Gesellschaft im aktuellen Geschäftsbericht 2019 belegen, dort heißt es auf Seite 9: "Biotest strebt im Rahmen des Projekts [Biotest Next Level] auch eine Verdoppelung der Produktionskapazitäten und die Zulassung für den amerikanischen Markt an".
Auch in jüngsten Investorencalls hat das Unternehmen bestätigt, dass es die Entwicklung von igG Next Generation, einem Produkt, das in den USA verkauft werden soll, beschleunigen will und aktiv nach Partnern für den Vertrieb seiner bestehenden Produktpalette in den USA sucht. Konkret erklärte Herr Dr. Ramroth, Vorsitzender des Vorstands, CEO & CFO, am 14. November 2019 bei einem Investorencall zu den Ergebnissen des dritten Quartals 2019 Folgendes:
- "You may recall that we always said that we are looking for partners, helping us on the one hand side, to the security products in the future in the United States and/or also helping us to develop such products like IgG Next Generation or IgM Concentrate. And discussions are ongoing."
- "You may have seen that the FDA had issued some kind of warning letter for the United States. And therefore, we have got even more incentivized to accelerate our development of IgG Next Generation, which is designed, also to be sold in the United States."
- "Two Phase III studies are ongoing. One in Primary Immune Deficiency (PID) for Europe and the United States."
- "Currently, we are coordinating with the FDA in United States as well as in the European Medicines Agency and the German Paul-Ehrlich-Institute, the design of the Phase III study. We have got green light from all 3 agencies to really come up with the same design as we had it with our Phase IIb study. In a few years, community-acquired pneumonia, that will be the indication where we have the Trimodulin studied in. And currently, we are preparing this Phase III study together with the pediatric development plan."
- "To answer your question, yes, as I said, we are in discussions with partners about partnering our products, either with regard to distributing them in the United States or in some kind of co-development."
Vor diesem Hintergrund ist offensichtlich, dass es sich bei BPL um einen wesentlichen Wettbewerber der Gesellschaft handelt. Es ist daher unklar, wie Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens ihre jeweiligen Entsprechenserklärungen zum Deutschen Corporate Governance Kodex (Kodex) gemäß § 161 AktG abgeben konnten. Den Aktionären der Gesellschaft muss daher unbedingt die Möglichkeit gegeben werden, über eine Sonderprüfung abzustimmen, um die Umstände im Zusammenhang mit diesen Erklärungen zu untersuchen.
Hinweis der Biotest AG zum Antrag der Aktionäre Polygon European Equity Opportunity Master Fund und Blackwell Partners LLC - Series A
Die Biotest AG ("Gesellschaft") hat am 20. April 2020 einen Sonderprüfungsantrag der Aktionäre Polygon European Equity Opportunity Master Fund und Blackwell Partners LLC - Series A (die "Polygon Aktionäre") erhalten (siehe unten). Dieser Sonderprüfungsantrag hat Vorgänge im Zusammenhang mit der Abfassung der und Beschlussfassung über die Entsprechenserklärung vom 16. März 2020 zum Gegenstand.
Dieser Sonderprüfungsantrag wurde der Gesellschaft als Anlage zu einer E-Mail übersandt. In dieser E Mail bezeichnete der Vertreter der Polygon-Aktionäre den übersandten Antrag als "Gegenantrag" zu TOP 3 "Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019". Weitere Ausführungen zum Inhalt des "Gegenantrags" enthielt die E-Mail nicht.
Die Gesellschaft ist der Ansicht, dass der Sonderprüfungsantrag der Polygon-Aktionäre keinen Gegenantrag zu TOP 3 der virtuellen Hauptversammlung 2020 im Sinne des § 126 AktG darstellt und damit nicht veröffentlichungspflichtig ist.
Dennoch erachtet die Gesellschaft es als wichtig, im offenen und transparenten Dialog mit alien Aktionären zu stehen. Die Gesellschaft veröffentlich daher hiermit den gestellten Antrag auch ohne Bestehen einer gesetzlichen Pflicht und wird im Folgenden dazu Stellung nehmen.
Es handelt sich um keinen Gegenantrag nach § 126 AktG
Ein Gegenantrag nach § 126 AktG liegt vor, wenn ein Aktionär zu einem angekündigten Beschlussgegenstand einen entgegengesetzten oder inhaltlich abweichenden Beschluss herbeiführen oder der Beschlussfassung als solcher entgegentreten will. Der Gegenantrag muss sich nach seinem Wortlaut gegen den Beschlussvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat richten und diesem inhaltlich widersprechen.
Lediglich in der im Namen der Polygon-Aktionäre übersandten E-Mail ist die Rede von der Übermittlung eines "Gegenantrags" zu TOP 3 "Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019". In dem beigefügten Antragsdokument selbst wird dagegen ein Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung sowie Bestellung eines Sonderprüfers gestellt. Die Stellung eines "Gegenantrags" wird nicht erwähnt.
Der von den Polygon-Aktionären gestellte Sonderprüfungsantrag ist kein Gegenantrag zu TOP 3 der Hauptversammlung 2020. Der Sonderprüfungsantrag nimmt keinen inhaltlich widersprechenden Bezug zum Beschlussvorschlag "Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 2019". Vielmehr wird ein von TOP 3 qualitativ zu unterscheidender Beschlussgegenstand vorgeschlagen. Zwar muss ein Gegenantrag nicht notwendig in der Form eines ausformulierten entgegengesetzten Beschlussvorschlags vorliegen. Es muss jedoch eindeutig zum Ausdruck kommen, dass der Aktionar einen zu dem bekanntgemachten Beschlussvorschlag widersprechenden Beschluss herbeiführen will.
Es handelt sich daher um keinen Gegenantrag nach § 126 AktG.
Kein Sonderpriifungsantrag in der virtue/fen Hauptversammlung 2020 aufgrund gesetzlicher Bestimmungen möglich
In diesem Jahr findet die Hauptversammlung der Gesellschaft als virtuelle Hauptversammlung ohne physische Präsenz gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-,Genossenschafts-,Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ("COVID-10-Gesetz") statt. Aus diesem Grund gelten besondere Bedingungen zur Teilnahme an der virtuellen Hauptversammlung und zur Ausübung des Rede-, Antrags- und Stimmrechts.
§ 1 Abs. 2 COVID-19-Gesetz gewahrt den Aktionären die Möglichkeit, Fragen im Wege der elektronischen Kommunikation zu stellen, die vor der virtuellen Hauptversammlung der Gesellschaft zu übermitteln sind. Über dieses Fragerecht hinaus steht den Aktionären in der virtuellen Hauptversammlung 2020 kein umfassendes Auskunfts-, Antrags- und Rederecht in der Hauptversammlung zu. Ein Antrag auf Sonderprüfung gemäß § 142 Abs. 1 AktG i.V.m. § 124 Abs. 4 S. 2 AktG AktG, der zu einem Gegenstand der Tagesordnung gestellt wird, muss in der Hauptversammlung gestellt werden. Dies ist in diesem Jahr in der Folge des eingeschränkten Auskunfts-, Antrags- und Rederechts nicht möglich.
Ein solcher Sonderpriifungsantrag wäre auch unzulässig
Selbst wenn der Sonderprüfungsantrag in der virtuellen Hauptversammlung 2020 gestellt werden könnte, ware er unzulässig. Ein Sonderprüfungsantrag kann unter Bezugnahme auf den Beschlussvorschlag "Entlastung des Vorstands" entsprechend § 124 Abs. 4 S. 2 AktG gestellt werden, wenn der Gegenstand der Sonderprüfung sich auf einen Sachverhalt bezieht, der im Entlastungszeitraum liegt. Dies ist bei dem Sonderprüfungsantrag der Polygon-Aktionäre nicht gegeben. Die zur Begründung des Sonderprüfungsantrags aufgeführten Vorgänge zur Entsprechenserklärung fanden im Jahr 2020 statt, sodass der notwendige Bezug zum Entlastungszeitraum - Geschäftsjahr 2019 - nicht besteht.
Unbegründete Vorwiirfe zur Abfassung der und Besch/ussfassung über die Entsprechenserklärung
Die Vorwürfe der Polygon-Aktionäre sind darüber hinaus unbegründet. Auf die im Sonderprüfungsantrag hierzu gestellten Fragen nehmen wir wie folgt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht Stellung:
Zu 1. a) aa):
Der Vorstand der Gesellschaft hat in seiner Sitzung vom 2. März 2020 über die Entsprechenserklärung beschlossen und diese anschließend per E-Mail den Mitgliedern des Aufsichtsrates zugeschickt.
Zu 1. a) bb):
Mit E-ail vom 11. März 2020 wurden die Mitglieder des Aufsichtsrats zur Beschlussfassung über die Entsprechenserklärung im Umlaufverfahren gebeten. Den Mitgliedern des Aufsichtsrats wurde zugleich die Entsprechenserklärung zugeleitet. Hintergrund dieser Aufforderung war, dass der Abschlussprüfer beabsichtigte, den Jahresabschluss der Gesellschaft zum 18. März 2020 zu testieren. Voraussetzung dafür ist eine von Vorstand und Aufsichtsrat beschlossene Entsprechenserklärung. Die Mitglieder des Aufsichtsrats erteilten noch am selben Tag ihre Zustimmung zur Beschlussfassung über die Entsprechenserklärung im Umlaufverfahren.
Der Aufsichtsratsvorsitzende hat die Beschlussfassung im Umlaufverfahren am 16. März 2020 über die Entsprechenserklärung festgestellt.
Zu 1. a) cc):
Den Entwurf der Entsprechenserklärung hat der Vorstand der Gesellschaft abgefasst. Er wurde am 2. März 2020 den Mitgliedern des Aufsichtsrats zugeleitet.
Zu 1. a) dd):
Bei Beschlussfassung über die Entsprechenserklärung war den Mitgliedern des Aufsichtsrats bekannt, dass sowohl nach der bestehenden Fassung als auch nach der zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getretenen neuen Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex ("DCGK") Aufsichtsratsmitglieder keine Organfunktionen oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben sollen. Als wesentlicher Wettbewerber ist nur derjenige anzusehen, der dem Unternehmen auf seinen Märkten tatsächlich Wettbewerb macht und praktisch in den Kernbereichen identische Tätigkeitsfelder hat. Potenzieller Wettbewerb ist nach der Zielsetzung des Kodex nicht ausreichend.
Herr Xiaoying (David) Gao war zum Zeitpunkt seines Wahlvorschlags zum Mitglied des Aufsichtsrats Chief Executive Officer und Vice Chairman der Bio Products Laboratory Ltd. ("BPL"), an der die Tiancheng International Investments Limited indirekt kontrollierend beteiligt ist, und die indirekt wesentlich als Aktionarin an der Biotest AG beteiligt ist.
Seine Tätigkeit bei der BPL genügt den Anforderungen an einer Organfunktion bei einem wesentlichen Wettbewerber nicht. Zwar können auch Konzerngesellschaften Wettbewerber im Sinne des DCGK sein . Solche müssten aber als wesentlich anzusehen sein. Das Wesentlichkeitskriterium ist bei der BPL nicht gegeben. Die BPL verkauft ihre Plasmaprotein Präparate fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten von Amerika. Auf diesem Markt ist die Gesellschaft nicht vertreten. Das einzige Produkt, das BPL in Deutschland, dem Hauptmarkt der Biotest, vertreibt, stellt die Gesellschaft überhaupt nicht her.
Dreieich, 24. April 2020
Die Biotest AG
Der Vorstand
Biotest Aktiengesellschaft
Investor Relations
Landsteinerstre 5
63303 Dreieich
London, den 20. April 2020
Sonderprüfung
Sehr geehrte Damen und Herren,
durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger am 8. April 2020 haben Sie die ordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft als virtuelle Versammlung am 8. Mai 2020 einberufen.
Unter TOP 3 ist die Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands vorgesehen, unter Tagesordnungspunkt 6 u.a. die Wahl von Herrn Xiaoying Gao zum Mitglied des Aufsichtsrats.
Von Polygon Global Partners LLP gemanagten Fonds gehören derzeit 858.424 Stammaktien sowie 1.728.351 Vorzugsaktien der Gesellschaft. Insgesamt sind dies 2.586.775 Aktien der Gesellschaft, entsprechend 6,54 % des Grundkapitals.
Zum Nachweis der Aktionärseigenschaft fügen wir eine Depotbescheinigung der UBS vom 20. April 2020 bei.
Zu TOP 3 stellen wir den Antrag, folgende Beschlüsse zu fassen:
1. Sonderprüfung
a) Es soll eine Sonderprüfung stattfinden zur Untersuchung der Vorgänge im Zusammenhang mit der Abgabe der Entsprechenserklärung der Gesellschaft gemäß § 161 AktG zum Deutscher Corporate Governance Kodex (Kodex), datierend auf den 16. März 2020.
Insbesondere sollen dabei folgende Fragen untersucht werden:
aa) Wann hat der Vorstand über die Entsprechenserklärung Beschluss gefasst? Wann und wie wurde zu dieser Beschlussfassung einberufen?
bb) Wann hat der Aufsichtsrat über die Entsprechenserklärung Beschluss gefasst? Wann und wie wurde zu dieser Beschlussfassung einberufen?
cc) Wer hat wann den Entwurf der Entsprechenserklärung gefertigt und wann wurde dieser Entwurf den Organmitgliedern zur Beschlussfassung zugeleitet?
dd) War den Organmitgliedern bei ihrer Beschlussfassung bekannt, dass gemäß dem neuen Kodex niemand zum Aufsichtsratsmitglied bestellt werden soll, der eine Organfunktion bei einem wesentlichen Wettbewerber ausübt?
b) Sonderprüfer
Zum Sonderprüfer wird Herr Dr. Erik Ehmann, ATG Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH, Bahnhofstraße 57, 87435 Kempten, bestellt.
2. Begründung
Gemäß lit. C.12 des Kodex sollen Aufsichtsratsmitglieder keine Organfunktionen oder Beratungsaufgaben bei wesentlichen Wettbewerbern des Unternehmens ausüben und nicht in einer persönlichen Beziehung zu einem wesentlichen Wettbewerber stehen.
Diese Empfehlung gilt seit Inkrafttreten des Kodex am 20. März 2020. Demgemäß hätte die Gesellschaft Herrn Gao als Organmitglied der Bio Products Laboratory Ltd. nicht zur Wahl in den Aufsichtsrat der Gesellschaft vorschlagen können, ohne eine Abweichung von lit. C.12 des Kodex zu erklären und hierfür eine plausible Begründung zu liefern.
Dieses Problem hat man augenscheinlich dadurch „gelöst", dass man die Entsprechenserklärung auf einen Zeitpunkt datieren ließ (16. März 2020), zu dem noch der alte Kodex galt, welcher eine lit. C.12 entsprechende Empfehlung noch nicht vorsah.
Es ist zu vermuten, dass die veröffentlichte Entsprechenserklärung tatsächlich erst am oder nach dem 20. März 2020 von den Organen der Gesellschaft beschlossen wurde. Alles andere wäre lebensfremd:
Der Abschlussprüfer der Gesellschaft hat den Jahres- und Konzernabschluss für das Jahr 2019 erst am 20. März 2020 freigegeben. Der Aufsichtsrat und sein Prüfungsausschuss haben hierzu in ihren Sitzungen am 24. März, 30. März und 31. März 2020 beraten und Beschluss gefasst. Teil der Jahresabschlussdokumentation war auch die Erklärung zur Unternehmensführung, welche ebenfalls erst am 20. März 2020 freigegeben wurde. Sie enthält bzw. verweist ihrerseits auf die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG.
Anzunehmen, dass sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat der Gesellschaft isoliert bereits am 16. März 2020 und eigens zu diesem Zweck über eine Entsprechenserklärung zu einem in Kürze außer Kraft tretenden Kodex Beschluss gefasst haben, wäre wirklichkeitsfremd. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich die Organe erst zusammen mit den Jahresabschlussdokumenten mit der Entsprechenserklärung befassten. Exakt so war es auch in den Vorjahren: stets hat der Aufsichtsrat einheitlich zu allen Dokumenten einschließlich der Entsprechenserklärung Beschluss gefasst (z.B. am 7. März 2019 oder am 13. März 2018). Ganz offensichtlich ist der Gesellschaft in diesem Jahr entweder zu spät aufgefallen, dass man Ende März 2020 zu einem neuen Kodex mit zahlreichen Änderungen hätte Beschluss fassen müssen oder man entschied sich bewusst für das gewählte Vorgehen, um keiner erweiterten Transparenzpflicht zu unterliegen. In jedem Fall hat man das Problem anschließend versucht, durch eine Rückdatierung zu „heilen".
Verstärkt wird dieser Eindruck durch den Bericht des Aufsichtsrats, datierend auf den 23. März 2020. Er nimmt Bezug auf Sitzungen des Prüfungsausschusses und des Plenums am 24., 30. Und 31. März 2020. Unklar bleibt, wie der Aufsichtsrat über diese Sitzungen bereits eine Woche vorher berichten konnte. Ganz offenbar fand auch hier eine Rückdatierung statt.
Sollte die Sonderprüfung unsere Vermutung bestätigen, handelt es sich um Pflichtverstöße der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats.
Auch der Hinweis in der Einladung zur virtuellen Hauptversammlung am 8. Mai 2020 auf lit. C.13 des neuen Kodex ist unbehilflich. Während lit. C.13 wesentliche Beteiligungen betrifft, geht es in lit. C.12 um den Schutz vor einer Einflussnahme durch Wettbewerber.
Zudem hat die Gesellschaft gegen § 125 Abs. 1 AktG verstoßen, indem sie in der Hauptversammlungseinladung für Herrn Gao ausdrücklich „keine" Mitgliedschaften in ausländischen Kontrollgremien von Wirtschaftsunternehmen angegeben hat. Tatsächlich ist Herr Gao jedoch stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Bio Products Laboratory Ltd. und daher Mitglied eines ausländischen Kontrollgremiums eines Wirtschaftsunternehmens.
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